Symbiotic Mechatronics: Was kommt nach der Digitalisierung?

Symbiotic Mechatronics: Was kommt nach der Digitalisierung?
Zahlreiche Firmen präsentierten ihre Technologien beim Internationalen Forum Mechatronik.

Linz (A) „Symbiotic Mechatronics“ lautete das Thema des 14. Internationalen Forums Mechatronik, das vom 20. bis 21. Oktober 2021 an der Johannes Kepler Universität Linz über die Bühne ging. In den Vorträgen ging es um die aktuellen Herausforderungen und die Zukunft der Mechatronik. Und auch um die spannende Frage, was nach der digitalen Transformation auf Anlagen- und Maschinenbauer zukommen wird. 220 Interessierte aus der Branche sowie aus Forschung und Wissenschaft waren der Einladung des Mechatronik-Clusters gefolgt.

Zu den Programmhighlights zählten neben den Keynotes und einer Kooperationsbörse auch Workshops, Playgrounds und Open Labs. „Uns war schnell klar, dass das Internationale Forum Mechatronik in Linz stattfinden muss, denn die Mechatronik hat mittlerweile eine über 30-jährige Historie an der JKU, der Fachbereich Mechatronik hat 2020 sein 30-jähriges Bestehen gefeiert. Wir wollen außerdem ein neues Paradigma schaffen – physische, digitale und menschliche Umgebungen. Daher haben wir Symbiotic Mechatronics als Thema gewählt. Das Internationale Forum Mechatronik bietet die Möglichkeit, sich in Fachvorträgen über die Herausforderungen der Digitalen Transformation zu informieren und mit anderen auszutauschen“, sagte Elmar Paireder, Manager des Mechatronik-Clusters im Büro Linz, bei der Eröffnung.

Vernetzung von ungeheurer Bedeutung
Clemens Malina-Altzinger, Vizepräsident der Wirtschaftskammer Oberösterreich, wies in seiner Begrüßungsrede auf die Bedeutung einer Vernetzungsveranstaltung wie dem Mechatronikforum hin: „Ich bin sehr überzeugt von diesem Meeting. Die gegenseitige Vernetzung ist von ganz, ganz großer Bedeutung. Das Internationale Forum Mechatronik hat die Aufgabe, diese Vernetzung innerhalb der Branche, aber auch über Landesgrenzen hinaus, gut weiterzuentwickeln.“

Neues mechatronisches Paradigma
Der wissenschaftliche Geschäftsführer des Linz Center of Mechatronics (LCM), Johann Hoffelner, erklärte in seinem Vortrag das Paradigma „Symbiotische Mechatronik“. Das Thema stehe für höchste Interdisziplinarität: „Mechatronische Systeme dürfen nicht mehr länger isoliert, sondern müssen ganzheitlich betrachtet werden. Moderne Ansätze berücksichtigen zusätzlich Arbeitsumgebungen und weitere Randbedingungen. So kommen wir zu den Lösungen von morgen.“ Beispiele aus der aktuellen Forschungstätigkeit des LCM sind Sensoren auf Stahlbändern, das Simulieren und Modellieren von Maschinen, Anlagen und Prozessen in Form eines Digitalen Zwillings oder autonomes Testen in der Produktion.

Ein „esoterischer“ Vortrag
Den für die Mechatronik vermutlich ungewöhnlichsten Vortrag lieferte Eric Maiser vom Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer VDMA. Er beschäftigt sich intensiv mit den Trends der Zukunft und denkt bereits einige Schritte weiter: Was kommt nach der Digitalisierung? Bedienen wir die richtigen Themen oder verpassen wir Trends? An zwei Megatrends führt laut Maiser kein Weg vorbei: Nachhaltigkeit und Circular Economy.

„Vielleicht ist Bio-Intelligenz die nächste große Welle. Auf die Digitale Transformation könnte eine Biologische Transformation folgen“, meinte der Experte. Er bezeichnete seinen Vortrag selbst als „esoterisch“, weil er über für Mechatroniker*innen ungewohnte Themen sprach.

Die Pyramide stürzt ein
„Die Automatisierungspyramide, wie wir sie heute kennen, wird sich nach und nach auflösen. Monolithische Softwaresysteme werden flexiblen Anwendungen, Prozessen und Mikroservices weichen. Unser Ziel ist es, all diese Bausteine zu koordinieren und die digitale Fertigung der Zukunft jetzt umzusetzen“, betonte Bernhard Falkner, Chief Technology Officer der Industrie Informatik GmbH. Er zeichnete sein Bild einer modernen, digitalen Fertigungsplattform und war überzeugt davon, dass sich viel in die Cloud verlagern wird. Auch den Weg zur Smart Factory beschrieb Falkner.

Neue Denkmuster erforderlich
Thomas Haim von 3DSE wollte die Teilnehmer*innen durch seinen Vortrag inspirieren und zu neuen Denkmustern anregen, wies aber auch auf die aktuellen Herausforderungen der Branche hin. Dazu zählen der starke Transformationsdruck, die Veränderung und Vernetzung der Produkte und Systeme sowie Hackerangriffe. Er definierte fünf Erfolgsfaktoren: 1. Produktfähigkeiten für den Nutzerwert von morgen definieren; 2. Daten von heute auswerten, um zu wissen, welche Daten man morgen braucht; 3. Stellung in IoT-Ökosystemen beziehen und neue Geschäftsmodelle daraus ableiten; 4. moderne F&E-IT-Strukturen schaffen, um Daten unternehmensweit nur noch einmalig erzeugen zu müssen; und 5. das Unternehmen befähigen, um Produkte und F&E zukunftsfit zu machen.

I4.0-Pilotfabrik
Unter dem Titel „Digitalisierung entlang der Wertschöpfungskette“ folgte das nächste Highlight, nämlich die Besichtigung der LIT Factory, der Industrie 4.0-Pilotfabrik der JKU. Der Leiter der LIT Factory, Univ.-Prof. DI Dr. Georg Steinbichler, stellte aktuelle Themen an der Pilotfabrik praxisnah vor. Vorab gab er einen Überblick über die Aufgaben und Ziele der Pilotfabrik. Aufgabenstellungen aus der smarten Kunststoffverarbeitung, Kreislaufwirtschaft und der Digitalen Transformation werden in der LIT Factory anhand von Modellbildung und Prozesssimulation durchgeführt, es wird experimentiert, validiert und optimiert. Oftmals finden sich Vorbilder in der Natur, die bei der Umsetzung helfen können. Ein großer Schwerpunkt ist derzeit das Re- und Upcycling in der Verpackungsindustrie. „Wenn wir Prozesssimulation durchführen, brauchen wir zuverlässige Daten. Dazu müssen wir eine Vertrauensbasis schaffen, sonst werden wir nicht erfolgreich sein“, appellierte Steinbichler.

Der Digitale Zwilling in der Produktentwicklung
Siemens – Hauptsponsor des Internationalen Forums Mechatronik – ergänzte Steinbichlers Ausführungen um einen Fachvortrag zum Thema Digitaler Zwilling. Johannes Hörschläger legte seinem Vortrag die Frage zugrunde: Wie können die Aspekte der Mechanik, Elektrik und Automatisierung in einem gemeinsamen Digitalen Zwilling vernetzt werden? „Wir bei Siemens sprechen von drei Digitalen Zwillingen, die wir mit unseren Industrielösungen adressieren. Der erste der drei Digitalen Zwillinge ist jener vom Produkt. Der zweite Digitale Zwilling ist der der Produktion. Der dritte Zwilling im Bunde ist dann der Digitale Zwilling der Performance der Anlage“, erklärte der Experte. Anhand des Beispiels der Entwicklung einer neuen Maschine bei Siemens Amberg ging Hörschläger ins Detail.

Vertiefende Sessions
Am zweiten Tag standen parallele Sessions zu den Themen „Mechatronische Systeme und Automatisierung“ auf dem Programm. Digital Engineering, Modellierung & Simulation und Digitale Zwillinge wurden dabei ebenso praxisnah beleuchtet wie zukünftige Entwicklungen in der Sensorik, Aktuatorik und Künstlichen Intelligenz. Vortragende waren Vertreter der JKU und der FH OÖ, der Forschungseinrichtungen LCM und Fraunhofer IEM sowie der Unternehmen EPLAN, STIWA, Lenze, Sigmatek und Siemens. Zum Abschluss der Konferenz konnten die Teilnehmer*innen in Workshops und Playgrounds ihr Wissen über Maschinenkonzepte, Steuerungen, Geschäftsmodellinnovationen und Agilität in Kleingruppen vertiefen.

B2B-Meetings
Rund um das Internationale Forum Mechatronik fanden vom Enterprise Europe Network organisierte kostenlose B2B-Meetings statt – am 19. und 22. Oktober virtuell und am 20. Oktober mit Präsenz vor Ort. 115 Teilnehmer*innen aus 20 Ländern – davon 64 aus dem DACH-Raum – nutzten die Vier-Augen-Gespräche, um ihre Produkte, Dienstleistungen und ihr Know-how zu präsentieren sowie neue Geschäfts-, Technologie- oder Forschungspartner zu generieren. Raphael Kapsamer von Tributech Solutions zieht Bilanz: „Top organisiertes Netzwerkevent abseits vom Messegeschehen – von der Planung der Meetings im Voraus bis zum virtuellen oder physischen Treffen. Für mich waren die B2B-Meetings ein voller Erfolg und ich werde diese sicher wieder nutzen. Ich konnte erste Gespräche mit potenziellen Partnern/Kunden führen und auch bereits Anhaltspunkte für eine weitere Zusammenarbeit identifizieren. Und wenn sich keine Überschneidungen ergeben haben, war es in jedem Fall ein spannender Austausch!“

Grenzübergreifendes Ökosystem für Industrie 4.0
Die Europaregion Donau Moldau (EDM) präsentierte bei der Rahmenausstellung das Interreg CENTRAL EUROPE Projekt ECOS4IN. Dieses transnationale Kooperationsprojekt will die Innovationskapazität für Industrie 4.0 stärken und unterstützt die enge Zusammenarbeit zwischen Innovationsakteuren, um die regionalen Innovationskapazitäten auf solche Veränderungen vorzubereiten. In Pilotversuchen an Informationshubs werden Chancen und Risiken identifiziert. Auf Basis der gewonnenen Informationen wird das optimale Ökosystems für Industrie 4.0 modelliert. Die letzte Projektphase beinhaltet die Entwicklung von Aktionsplänen in allen Partnerregionen.

Ãœber das Internationale Forum Mechatronik
Seit 2005 findet das Internationale Forum Mechatronik abwechselnd in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Italien statt. Die Partner sind der Cluster Mechatronik & Automation (Bayern), der Mechatronik-Cluster (Ober- und Niederösterreich), der Verein Swiss Mechatronics (Schweiz), das Kompetenznetzwerk Mechatronik in Ostbayern, die Standortagentur Tirol – Cluster Mechatronik und der NOI Techpark Südtirol (Italien). Der Jahreskongress versteht sich als europäischer Marktplatz für neue Technologien und vernetzt Vertreter aus Unternehmen mit Experten aus der Wissenschaft.

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