Vorarlberger Baubranche: „Im Großen und Ganzen gut ausgelastet“

Vorarlberger Baubranche: „Im Großen und Ganzen gut ausgelastet“
BM DI Franz Drexel, Innungsmeister der Bauinnung Vorarlberg.

Feldkirch (A) Während Wohnbau, Gewerbe und Industrie anziehen, ist der öffentliche Hoch- und Tiefbau rückläufig. Deshalb der Appell an die Politik: Keine weiteren Verteuerungen im Hochbau, Impulsprojekte im Tiefbau. Positive Meldungen kommen aus den Lehrbetrieben der heimischen Bauwirtschaft, deren Lehrlinge gut ausgebildet und mit ihrem Job zufrieden sind. 

„Die heimische Bauwirtschaft ist seit Anfang des Jahres im Großen und Ganzen gut ausgelastet. Insgesamt erwarten wir uns für das Jahr 2012 ein leichtes Plus – und das obwohl der öffentliche Hoch- und Tiefbau rückläufig ist“, so DI Franz Drexel, Innungsmeister der Bauinnung Vorarlberg. Zurückzuführen ist die insgesamt gute Lage darauf, dass vor allem die Bereiche Wohnbau sowie Gewerbe und Industrie steigende Auftragszahlen verzeichnen. Schlechter schaut es hingegen beim öffentlichen Hochbau aus, fast schon prekär zeigt sich die Lage im Bereich Tiefbau. „Bis auf wenige große Bauvorhaben, etwa der Vollausbau der Autobahnanschlussstelle in Klaus, werden nur kleinere Sanierungsarbeiten durchgeführt. Das ist zu wenig, um das Vorkrisenniveau zu erreichen“, appelliert Drexel.

Mit einem Minus von insgesamt 0,2 Prozent beschloss Vorarlbergs Bauwirtschaft das Jahr 2011 und bestätigte damit die Prognosen, rechnete man doch unterm Strich mit einer wenn auch schwarzen Null. Dass derzeit nur sehr verhalten in den Bereich öffentlicher Hochbau investiert wird, verwundert die Betriebe nicht. Immerhin wurde bei der Ende 2011 durchgeführten Blitzumfragen ein Rückgang von minus zwölf Prozent erwartet. Die Einschätzungen für den Tiefbau lagen bei minus 21 Prozent und, wie es derzeit ausschaut, wird man wohl auch hier nicht weit danebenliegen. Das ist freilich problematisch, ist doch gerade eine gute Infrastruktur sehr eng mit einem florierenden Wirtschaftsstandort verbunden. Drexel fordert daher, notwendige infrastrukturelle Maßnahmen durchzusetzen: „Wir brauchen den Güterbahnhof Wolfurt, eine funktionierende Verbindung zwischen der Rheintalautobahn sowie der Autobahn auf Schweizer Seite und nicht zuletzt brauchen wir die Südumfahrung Feldkirch. Diese und andere Projekte sind nicht nur für die Bevölkerung wichtig, sondern auch von enormer Bedeutung für die heimische Wirtschaft.“

Wohnbau, Gewerbe und Industrie im Plus
Gut läuft es indes beim Wohnbau und zwar sowohl im privaten (Einfamilienhäuser, Reihenhäuser und Geschosswohnungsbau) als auch im Mietwohnungsbau (gemeinnütziger Wohnbau und Investorenwohnungen). Insgesamt zeigt die Entwicklung der Wohnbauförderung und des Landeswohnbaufonds von Jänner bis Mai 2012 zwar noch ein Minus im Vergleich zu den ersten fünf Monaten des vergangenen Jahres – waren es letztes Jahr insgesamt 568 Wohnungen, sind es heuer um 52 weniger. Aber: „Der gemeinnützige Wohnbau weist, laut Wohnbauförderungsstelle im Land, das gleich hohe Potenzial wie letztes Jahr auf. In Summe erwarten wir uns also im Wohnbau 2012 wieder ein leichtes Plus“, prognostiziert Drexel vorsichtig.

Dass die Vorarlberger Baubranche „im Großen und Ganzen gut ausgelastet ist“, hängt aber auch mit dem Bereich Gewerbe und Industrie zusammen. Trotz täglicher Berichte über die Schuldenländer Griechenland, Spanien, Portugal und Italien, trotz Staatsverschuldung und dem damit zusammenhängenden Sparpaket geht es der heimischen Wirtschaft gut. Von sich schwierig gestaltenden Projektinvestitionen – Stichwort „Kreditklemme“ – ist zumindest hierzulande wenig zu spüren, vielmehr investieren die Unternehmen teils kräftig. Aktuelle Beispiele: In Hohenems baut Collini, der sich auf das Veredeln von Grundwerkstoffen durch Beschichten spezialisiert hat, Europas modernstes Anodisierwerk. Der Lochauer Maschinen-, Speicher- und Anlagenbauer Diem errichtet derzeit in Hörbranz auf eine hochmoderne, 7.000 m2 große Produktionshalle inklusive Verwaltungsgebäude. Und auch die Vorarlberger Illwerke AG investieren in eine neues, zentrales Verwaltungsgebäude am Speichersee in Rodund, Montafon.

Appell an die Politik
Gewiss: Auch das Sparpaket hat mittelfristig Auswirkungen auf die Bauwirtschaft, unter anderem aufgrund der geplanten Neuregelung für öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaften. Konnten Vorarlbergs Gemeinden ihre Bauvorhaben bis dato über ausgegliederte Gemeindeimmobiliengesellschaften (GIG) abwickeln – und damit die Umsatzsteuer sparen –, wird dies ab Herbst nicht mehr möglich sein. Folglich werden Baukosten für Gemeindeimmobilien, wie Schulen, Sozialzentren oder Feuerwehrhäuser, empfindlich teurer. Und auch das Land wird tiefer in die Tasche greifen müssen, werden doch die Bauten mit einem fixen Prozentsatz gefördert. Die Abschaffung des Vorsteuerabzugs wird somit wohl zu einem Rückgang der Investitionen von Städten und Gemeinden führen, bislang die größten öffentliche Investoren. Umso mehr appelliert Drexel im Namen der heimischen Bauwirtschaft: „Im Zuge der Novellierung der Bautechnikverordnung dürfen seitens der Politik keine weitere Verteuerung des Hochbaus vorgegeben werden.“

Basis des Erfolgs: Zufriedene und gut ausgebildete Lehrlinge
Ein anhaltend positiver Trend ist die Steigerung der Produktivität innerhalb der Betriebe. Aus diesem Grund ist die Nachfrage nach qualifizierten Fachkräften nach wie vor ungebrochen, wenngleich die Mitarbeiterzahlen im Vergleich zu den Vorjahren leicht rückläufig sind. Entscheidend sei daher auch der Nachwuchs, konstatiert Innungsmeister Drexel: „Wir zählen in Vorarlberg die höchste Lehrlingsquote gemessen am Mitarbeiterstand im Vergleich zu den anderen Bundesländern. Dies hängt zweifellos mit der hervorragenden Lehrlingsausbildung hierzulande zusammen.“

Neben dem theoretischen Wissen, das den angehenden Facharbeitern in den Berufsschulen vermittelt wird, und der Praxiserfahrungen auf dem Bau und in den Betrieben, kümmern sich Bauakademie und MAZ (MaurerAusbildungsZentrum) für eine Vertiefung des erlernten Könnens. Dass sich das triale Ausbildungssystem bewährt, zeigen auch die Auswertungen der Lehrlingsevaluierungen, die nach jedem Kurs durchgeführt werden: „Der Nachwuchs ist zufrieden. Das ist für Vorarlbergs Bauwirtschaft überaus wichtig, denn engagierte und gut ausgebildete Lehrlinge sind die Basis des Erfolgs“, weiß Drexel.

Factbox Vorarlberger Bauwirtschaft
Umsatz/Bauproduktionswert 2011: ca. 440 Mio. Euro (entspricht minus ca. 0,2 %)
Mitarbeiter (Stand Ende 2011): ca. 4.214 davon 273 Lehrlinge
Beschäftigte inkl. nachgelagerte Sparten: ca. 12.500 Mitarbeiter

Auf Social Media Teilen:          

Wirtschaftskammer Vorarlberg

  Wichnergasse 9, 6800 Feldkirch
  Österreich
  +43 5522 305-0
  info@wkv.at
  http://www.wko.at/vorarlberg

Logo Wirtschaftskammer Vorarlberg

Könnte Sie auch interessieren