Vorarlberger Industriekonjunktur: Stabil, aber noch Luft nach oben

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  • 19.07.2013 09:18
Vorarlberger Industriekonjunktur: Stabil, aber noch Luft nach oben
IV-GF MMag. Mathias Burtscher, IV-Vizepräsident Dr. Dieter Gruber, GF der Sparte Industrie Mag. Michael Amann (vlnr.)

Lustenau (A) Eine Stabilisierung der Konjunktur ist im zweiten Quartal 2013 in der Vorarlberger Industrie spürbar. Die Unterschiede in den Branchen und zurückhaltendere Prognosen zeigen jedoch, dass konjunkturelle Schwankungen weiterhin an der Tagesordnung stehen.

„Wenn wir das Konjunkturpflänzchen wachsen lassen wollen, muss – vor allem in Hinblick auf die bevorstehenden Wahlen – die Gesamtbelastung für die Unternehmen und ihre Mitarbeiter sinken. Und der Staat Österreich muss endlich lernen, effizienter zu wirtschaften. Das heißt Bürokratie abbauen, Förderungen überprüfen und Verwaltungsebenen hinterfragen,“ so IV-Vizepräsident und Vorstandsvorsitzender der Rondo Ganahl AG, Dr. Dieter Gruber.

47 Unternehmen mit insgesamt 22.062 Beschäftigen haben sich an der aktuellen Konjunkturumfrage (2. Quartal 2013) der Industriellenvereinigung Vorarlberg und der Sparte Industrie der Wirtschaftskammer Vorarlberg beteiligt.

Der Geschäftsklimaindex, der als Mittelwert aus den Beurteilungen der gegenwärtigen Geschäftslage und der Geschäftslage in sechs Monaten bestimmt wird, hat sich leicht von +19,4 auf +20,9 Prozentpunkte erhöht. Getrieben durch eine diesmal äußerst starke Maschinen- und Metallindustrie verbessert sich der Saldo zwischen guter und schlechter derzeitiger Geschäftslage um 13 Prozentpunkte auf aktuell +40 Prozentpunkte gegenüber dem Vorquartal. Die Geschäftslage in sechs Monaten wird über alle Branchen hinweg leicht negativer eingeschätzt wie noch im letzten Quartal (Abnahme um 9 Prozentpunkte auf +2 Prozentpunkte).

Die anziehende Konjunktur bei der Maschinen- und Metallindustrie ist ebenfalls dafür verantwortlich, dass die derzeitigen Auftragsbestände und Auslandsaufträge von rund der Hälfte der Befragten als gut bewertet werden. Positive und erfreuliche Signale in fast allen Branchen gibt es im Bereich der Beschäftigung: Zwei Drittel der befragten Unternehmen rechnen mit einem gleichbleibenden Beschäftigtenstand in den nächsten drei Monaten und ein Drittel plant, neue Mitarbeiter einzustellen. Kein Unternehmen sieht sich aktuell gezwungen, Mitarbeiter insgesamt abzubauen.

Sehr stabil ist die Einschätzung der Produktionstätigkeit in drei Monaten. 90 % gehen von einer etwa gleich bleibenden Entwicklung aus. Dies entspricht zwar einem leichten Rückgang der Prognosen vom letzten Quartal, zeigt aber die Stabilität über alle Branchen.

Die Erwartungen zu den Verkaufspreisentwicklungen in den nächsten drei Monaten haben sich zwar verbessert, der Saldowert liegt aber dennoch auf dem niedrigen Niveau von -3 Prozentpunkten und von einer gänzlichen Entspannung kann keinesfalls die Rede sein.

„Zusammenfassend können wir festhalten, dass im 2. Quartal dieses Jahres eine gewisse Stabilisierung erkennbar ist. Relativieren muss man das Gesamtergebnis jedoch in dem Sinne, dass es der Maschinen- und Metallbranche derzeit verhältnismäßig besser geht, während andere Bereiche mehr mit den konjunkturellen Schwierigkeiten hadern. Luft nach oben ist jedenfalls vorhanden, insbesondere wenn man die Vergleichswerte 2011 und 2012 heranzieht“, so Gruber. Das je nach Branche etwas stärkere oder schwächere Konjunkturpflänzchen müsse jedenfalls von der Politik – gerade mit Hinblick auf die bevorstehenden Wahlen – als Weckruf für eine wirtschaftsfreundliche Standortpolitik gesehen werden. „Eine längerfristige Stabilisierung oder gar Wachstum können wir nur erreichen, wenn die Rahmenbedingungen für erfolgreiches Wirtschaften gegeben sind“, ist die erste Schlussfolgerung von IV-Vizepräsident Dieter Gruber aus den Ergebnissen der Umfrage. Gruber präzisiert anhand von Gegenpositionen wofür die Industrie eintrete und wofür die Rahmenbedingungen zu schaffen sind:

  • „Unternehmerische Freiheit und unternehmerisches Denken ANSTATT immer mehr bürokratischer und regulatorischer Fesseln
  • Eine Senkung der Steuer- und Abgabenquote ANSTATT neuer Steuern
  • Unternehmer und Arbeitnehmer in einem Boot ANSTATT das Schüren von Klassenkampf und den Bürger entmündigen
  • Probleme angreifen ANSTATT weiter vor uns herschieben, wie etwa bei den Pensionen oder im Bildungsbereich“

Gesamtbelastung für Unternehmen und ihre Mitarbeiter muss sinken
„Unabhängig vom Parteibuch sollte und muss die Parole im anstehenden Wahlkampf sein: Die Gesamtbelastung der Unternehmen und ihrer Mitarbeiter muss sinken“, betont Dieter Gruber. Wie die Ergebnisse der Konjunkturumfrage zeigen konnten, sind die Vorarlberger Unternehmen durchaus bereit, Arbeitsplätze zu halten und auch neu zu schaffen. Beschäftigung kann aber nur langfristig gesichert werden, wenn Mitarbeiter am Arbeitsmarkt vorhanden und für Unternehmen leistbar sind. „Sinnvoller als schnelle und teure Konjunkturpakete für einzelne Branchen sind langfristigere und nachhaltigere Maßnahmen“. Dieter Gruber präzisiert: „Eine Entlastung des Faktors Arbeit, bei der am Ende des Tages beim Mitarbeiter mehr Netto vom Brutto übrig bleibt, ist ein dringend notwendiger Schritt. Die Summe aus Lohnsteuer, Sozialversicherungsbeiträgen und weiteren Abgaben haben für Dienstnehmer und Dienstgeber ihren Plafond schon längst erreicht. Alle Interessenvertretungen und politischen Parteien sind angehalten, hier eine Entlastung im Sinne der Wettbewerbsfähigkeit und somit der Arbeitsplatzsicherheit durchzuführen und dies ohne im selben Atemzug neue Steuern zu erfinden.“

Staat Österreich muss effizienter wirtschaften

Im Kontext einer Entlastung für die Leistungsträger kann für Österreich und Vorarlberg die Devise nur heißen: „Effizienter wirtschaften, Entbürokratisierung vorantreiben und einen schlankeren Staat umsetzen“. Das heißt für den IV-Vizepräsidenten: „Wir kommen nicht umhin, eine umfassende Staats- und Verwaltungsreform umzusetzen, Verwaltungsebenen zu hinterfragen und auch Förderungen zu überprüfen. Die Industrie wird auch nicht müde zu betonen, dass die gesetzlich verordneten Bürokratie- und Verwaltungskosten für Unternehmen abzubauen sind. Nur so könnten die im internationalen Wettbewerb stehenden Vorarlberger Unternehmen weiterhin gesundes Rückgrat des Standorts bleiben, für die Sicherung von Arbeitsplätzen und Wohlstand in der Region.

Die Branchenergebnisse im Detail
Auffallend bei der aktuellen Konjunkturumfrage ist, dass sich die einzelnen Branchen mit einigen Unterschieden darstellen. „Die Konjunktur der Maschinen- und Metallindustrie hebt sich derzeit deutlich von den anderen Branchen ab und über drei Viertel der befragten Unternehmen sprechen von guten Auftragsbeständen und Auslandsaufträgen, nur 4 % von schlechten“, zeigt sich IV-GF Mathias Burtscher insgesamt erfreut. Über die Hälfte plant zudem, in den nächsten drei Monaten die Mitarbeiterzahl zu erhöhen. Der Blick in die Zukunft scheint stabil, wenn 97 % der Unternehmen mit einer gleichbleibenden Ertragssituation sowie einer gleichbleibenden Geschäftslage in sechs Monaten rechnen. „Die insgesamt positiven Ergebnisse in dieser Branche sind Zeichen unserer starken globalen Exportwirtschaft. Viele unserer Leitbetriebe sind über die europäischen Märkte hinaus aktiv und können so die Schwäche der europäischen Konjunktur ausgleichen“, interpretiert Burtscher.

Nicht ganz so erfreulich, aber trotzdem noch überwiegend positiv, zeichnet sich die Situation derzeit in der Nahrungs- und Genussmittelindustrie ab. Während die derzeitige Ertragssituation von fast allen als durchschnittlich bewertet wird, rechnen 36 % mit einer schlechteren Ertragssituation in einem halben Jahr. Über ein Drittel geht erfreulicherweise von einer steigenden Produktionstätigkeit in den nächsten drei Monaten aus. Und 100 % der Unternehmen betonen, den Mitarbeiterstand im nächsten Jahr behalten zu wollen. Laut IV-GF Burtscher ist die sich abzeichnende schlechte Ertragssituation in dieser Branche ein Weckruf: „Unternehmen müssen Geld verdienen, damit sie wieder in das Unternehmen und ihre Mitarbeiter investieren können. Das sollten wir in der Diskussion um Umverteilungs- und Steuergerechtigkeit nicht vergessen“.

Einen der wenigen negativen Ausreißer gibt es auch in Bezug auf die Ertragssituation in der Textilindustrie. 43 % der Befragten beurteilen die derzeitige Ertragssituation als schlecht. Allerdings ist die Chance auf Besserung gegeben. „Erfreulich ist hier der vorausschauende Blick auf das nächste halbe Jahr, in dem 42 % der Unternehmen dieser Branche mit einer besseren Ertragssituation rechnen“, so Michael Amann, GF der Sparte Industrie in der WKV. Geschäftslage und Auftragsbestände werden von je 88 % als durchschnittlich und je 12 % als gut bezeichnet. Eine Entspannung im Vergleich zum Vorquartal gibt es auch bei den Verkaufspreisen, die 42 % als steigend in den nächsten drei Monaten einschätzen.

In der Elektro- und Elektronikindustrie zeichnet sich im Vergleich zum relativ erfolgreichen 1. Quartal 2013 eine leichte Schwächung ab, insgesamt befindet sich diese Branche aber auf einem guten Niveau. In der Einschätzung von Produktionstätigkeit und Auslastung der Produktionskapazitäten in drei Monaten verschlechtert sich der Saldo zwar von je über 70 Prozentpunkte auf +17 und +22 Prozentpunkte. Es gehen aber nach wie vor 71 % und 63 % von einer stabilen Entwicklung aus. Geschäftslage und Auftragsbestand werden von 70 % als durchschnittlich, 21 % als gut und je 9 % als schlecht beurteilt. „Konstant bleibt in der Elektro- und Elektronikindustrie, dass Mitarbeiter dringend gesucht werden. Auch bei der aktuellen Umfrage geben über 20 % der befragten Unternehmen an, zusätzliche Mitarbeiter einstellen zu wollen. Das bestätigt auch unser ständiges Bemühen, die eigene Lehrlingsausbildung und das Suchen nach qualifizierten Mitarbeitern für die Unternehmen zu erleichtern“, so Michael Amann.

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