Vorarlberger Industriekonjunktur: Vorsicht Abschwächung!

Vorarlberger Industriekonjunktur: Vorsicht Abschwächung!
IV-GF Mathias Burtscher und GF der Sparte Industrie in der WKV Michael Amann (r.)

Lustenau (A) Eine Abschwächung der Konjunkturerholung sieht Mathias Burtscher, Geschäftsführer der Industriellenvereinigung Vorarlberg, in den aktuellen Ergebnisumfragen: „Die aktuelle und zukünftige Geschäftslage in unserer Industrie werden zurückhaltender als noch zu Beginn des Jahres beurteilt. Damit die Konjunkturerholung nicht noch mehr ins Straucheln gelangt, sollte die Standortattraktivität merklich erhöht werden,“ so Burtscher.
 
39 Unternehmen mit insgesamt 18.051 Beschäftigen haben sich an der aktuellen Konjunkturumfrage (2. Quartal 2014) der Industriellenvereinigung Vorarlberg und der Sparte Industrie der Wirtschaftskammer Vorarlberg beteiligt.
 
Der Geschäftsklimaindex, der als Mittelwert aus den Beurteilungen der gegenwärtigen Geschäftslage und der Geschäftslage in sechs Monaten bestimmt wird, ist im zweiten Quartal 2014 von 40,4 auf 29,3 Prozentpunkte abgerutscht. Die derzeitige Geschäftslage wird in allen Branchen – mit Ausnahme der Elektro- und Elektronikindustrie – schlechter als im Vorquartal beurteilt, hält sich aber noch auf gutem Niveau. Die Einschätzung der Geschäftslage in einem halben Jahr weist ebenfalls eine negative Tendenz auf, der Saldo zwischen guter und schlechter Beurteilung über alle Branchen hinweg verschlechtert sich auf bereits bescheidenem Niveau von +13 auf +6 %.
 
Weiterhin hemmender Konjunkturfaktor sind trotz leichter Entspannungstendenz die Erwartungen der Verkaufspreise innerhalb der nächsten drei Monate. 90 % gehen von gleichbleibenden Verkaufspreisen aus, 9 % befürchten fallende Verkaufspreise und können damit ihre höheren Kosten nur teilweise an die Kunden weitergeben. Die aktuellen Auftragsbestände und Auslandsaufträge verschlechtern sich um je über 30 % auf einen Saldo von +22 und +18 %. Auch bei der Ertragssituation ist eine negative Tendenz erkennbar, wobei deutliche Branchenunterschiede bestehen. 40 % sprechen von einer derzeit guten Ertragssituation, aber immerhin 13 % beurteilen diese momentan schlecht. Der Beschäftigtenstand in drei Monaten wird erfreulicherweise sehr stabil eingeschätzt und nur 2 % der befragten Unternehmen gehen davon aus, dass sie innerhalb der nächsten drei Monate ihren Mitarbeiterstand reduzieren.
 
Die Branchenergebnisse im Detail
Die Detailergebnisse zeigen im zweiten Quartal 2014 einige Unterschiede zwischen den Branchen. „Die Maschinen und Metallindustrie bleibt zwar konjunktureller Vorreiter, hat in diesem Quartal aber mehrere Abwärtstendenzen zu verzeichnen“, so Michael Amann, Geschäftsführer der Sparte Industrie in der Vorarlberger Wirtschaftskammer. Auftragsbestände und Auslandsaufträge verschlechtern sich vom sehr guten Niveau von je über +80 % auf einen Saldowert auf +7 bzw. +5 %. Die aktuelle Geschäftslage wird erfreulicherweise von 67 % der Befragten als gut und von 33 % als gleichbleibend eingeschätzt. „Erfreulich ist ebenso, dass knapp die Hälfte der Befragten in der Maschinen und Metallindustrie ihren Mitarbeiterstand behalten und über die Hälfte zusätzliche Mitarbeiter einstellen will“, so Amann.
 
Schwächer sieht die Situation in der Nahrungs- und Genussmittelindustrie aus, bei der zwar 54 % der befragten Unternehmen von einer aktuell guten Geschäftslage, aber immerhin auch 41 % von einer zur Zeit schlechten Geschäftslage sprechen. Auch der Blick in die Zukunft ist etwas getrübt. Die bestehende Mitarbeiterzahl wird von allen befragten Betrieben gehalten werden, alle anderen zukunftsweisenden Indikatoren verschlechtern sich gegenüber dem Vorquartal jedoch leicht.
 
Die Textilindustrie zeigt sich bei Verkaufspreisen und Beschäftigtenstand innerhalb der nächsten drei Monate stabil. „Positiv“, so Amann ist, dass „trotz aktuell teilweise unerfreulicher Ertragslage (39 %) die Aussichten auf die Erträge im nächsten Halbjahr von über zwei Drittel als positiv eingeschätzt werden.“ Die Aufträge im In- und Ausland in der Textilindustrie gestalten sich im Vergleich zum Vorquartal leicht schlechter.
 
„Die besten Ergebnisse in der aktuellen Umfrage zeigt die Elektro- und Elektronikindustrie. Über 90 % der Befragten berichten hier von einer aktuell guten Geschäftslage“, kommentiert Amann. Leichten Störfeuern bei den Verkaufspreisen und bei der Einschätzung der Ertragsentwicklung im nächsten halben Jahr, stehen Verbesserungen bei sämtlichen weiteren Indikatoren gegenüber. Über 60 % der Befragten gehen aktuell davon aus, dass sie im nächsten Quartal neue Mitarbeiter einstellen werden!
 
Frust über Bundesregierung
„Immer mehr Unternehmer, Manager, aber auch Mitarbeiter melden sich zu Wort und beklagen die fehlende Problemlösungsfähigkeit und das viel zu langsame Reformtempo der Bundesregierung. Attraktive Standortpolitik wäre aber dringend an der Zeit, wenn wir die Aufwärtsdynamik der letzten Quartale nicht noch stärker schwächen wollen“, so Burtscher zu der Stimmung bei den Verantwortlichen in den Unternehmen. Kaum auszuhalten sei aus Sicht der Industrie die wieder aufgebrochene Vermögenssteuerdiskussion von einzelnen Parteien und Gruppierungen. „Ja, zur Entlastung des Faktors Arbeit. Aber eine wirkliche Entlastung ist ausschließlich über mutige, ausgabenseitige Strukturreformen bei Pensionen, Gesundheit, Verwaltung und Förderungen möglich. Vermögenssubstanzsteuern sind Eigentumsteuern, Treffen den Mittelstand und gefährden Arbeitsplätze,“ präzisiert Amann den Standpunkt der Industrie.
 
Auch Landespolitik gefordert

Auf Vorarlberg bezogen, spiele die Industrie eine noch größere Rolle für Arbeitsplätze und Wohlstand. „Die Industrie – definiert als Sachgütererzeugung inkl. Bau und Energie – erbringt fast 40 Prozent der Wirtschaftsleistung in Vorarlberg und bietet mit 56.000 Beschäftigten fast jeder dritten Person im Ländle einen Job. Wenn wir weiterhin als Bundesland von den erfolgreichen Industrieunternehmen als Wirtschaftsmotor profitieren wollen, müssen Unternehmer, Manager, ihre Mitarbeiter und auch die politischen Verantwortlichen im Land gemeinsam anpacken“, betont Burtscher. Es gebe viele Bundesthemen, wie die übertriebene Steuerbelastung, die fehlende Arbeitszeitflexibilisierung, der überbordende Bürokratieaufwand, bei denen sich die Vorarlberger Vertreter in Wien stärker zu Wort melden müssten. Aber auch auf Landesebene gebe es eine Menge an industrierelevanten politischen Herausforderungen –  gebildetes zukünftiges Personal, leistbare Energie, zeitgemäße Infrastruktur, moderne Verwaltungsstrukturen oder eine industriefreundliche Grundstimmung – die ganz oder zumindest teilweise vor Ort beeinflusst werden können. Diese Herausforderungen rasch und konsequent anzugehen gelte vor und nach den anstehenden Landtagswahlen im Herbst, zu der IV-Vorarlberg Präsident Hubert Bertsch die Forderung der Industrie an die wahlwerbenden Parteien für die Landtagswahlen 2014 bereits vorgegeben hat: Jede Aussage und jedes Versprechen müssen überprüft werden, ob es für den Wirtschaftsraum Vorarlberg, für die Schaffung neuer Arbeitsplätze positiv ist oder nicht.
 
Die Umfragemethode:
Den Unternehmen werden drei Antwortmöglichkeiten gegeben: gut, durchschnittlich, schlecht. Errechnet werden die (beschäftigungsgewichteten) Prozentanteile dieser Antwortkategorien, und dann wird die konjunktursensible „Saldo“ aus den Prozentanteilen positiver und negativer Antworten unter Vernachlässigung der neutralen gebildet.

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