Studium mit Zukunft: „Neugier und der Wunsch nach einer umfassenden Weiterbildung“

Studium mit Zukunft: „Neugier und der Wunsch nach einer umfassenden Weiterbildung“
Dietmar Grabher, mitanand Dornbirn

Dietmar Grabher studiert Wirtschaftsingenieurwesen an der Fachhochschule Vorarlberg und machte sich vor kurzem mit seinem Consultingbüro „Mitanand“ selbstständig. Als ehemaliger Leiter der Internen Revision bei Zumtobel ist er nicht unbedingt der typische Student, denn neben der für das Studium unbedingt erforderlichen Motivation bringt er zudem noch ein großes Maß an Lebens- und Berufserfahrung mit. Im Moment ist er noch Student im Masterstudium, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der FHV und selbstständiger Unternehmer.

Während Ihrer Karriere bei Zumtobel haben Sie sich für ein Studium an der FHV entschieden. Wie kam es dazu?

In den Jahren 2004 und 2005 machte ich mir zum ersten mal Gedanken über ein berufsbegleitendes Studium und schaute mir dazu verschiedene Möglichkeiten für ein Fernstudium an. Das ließ ich aber sein, weil es einfach nicht passte. Ende 2008 stolperte ich zufällig über das berufsbegleitende Studienangebot Wirtschaftsingenieurwesen an der FHV, über das ich mich dann genauer informierte. Mir gefiel dabei die Mischung aus technischen und kaufmännischen Inhalte sehr gut. Im Januar 2009 besuchte ich die Informationsveranstaltung „Work and Study“, bei der ich mich entschieden habe, mich anzumelden. Im Frühsommer fand das Aufnahmeverfahren statt, im Juli bekam ich den Bescheid über meine Aufnahme und im Herbst ging es los.
Irgendwann schaut jeder mal auf sein Geburtsdatum im Pass und stellt fest, dass die letzten intensiven Berufsausbildungsaktivitäten schon relativ lange her sind. Als ich 1994 in der Internen Revision bei Zumtobel begann, absolvierte ich ein intensives Berufsausbildungsprogramm, machte auch die verschiedenen Zertifizierungen, aber das liegt alles zehn Jahre und mehr zurück. Da entstand bei mir einfach der Wunsch, mich für den nächsten beruflichen Lebensabschnitt wieder einmal wissens- und kompetenzmäßig auf den letzten Stand bringen, und zwar auf akademischem Niveau und von Grund auf. Eine rein kaufmännische Weiterbildung wäre mir da zu wenig gewesen. Damit kam mir der Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen sehr entgegen, aber die Hauptmotivation war Neugier und der Wunsch nach einer umfassenden Weiterbildung.
Als ich mit dem Studium begann, war ich 49 Jahre alt. Heute muss jedem klar sein, bis 65 arbeitet man auf jeden Fall, das heißt, das ist ein Zeitraum, da lohnt es sich noch einmal. Wäre ich zehn Jahre älter gewesen, hätte ich es natürlich nicht mehr gemacht – na ja, schwer zu sagen, wahrscheinlich hätte ich dann etwas anderes studiert.

Studieren Sie Vollzeit oder berufsbegleitend?
Ich studiere berufsbegleitend. Die Zeitmodelle sind relativ machbar. Die Lehrveranstaltungspläne stehen langfristig fest, die Lehrveranstaltungen sind Freitagnachmittags und Samstags ganztägig und damit gut planbar. Ich war zeitweise wegen Geschäftsreisen viel abwesend, aber auch das lässt sich gut koordinieren. Dadurch versäumte ich die eine oder andere Lehrveranstaltung, die Prüfungstermine konnte ich jedoch, wenn auch knapp, alle einhalten. Die FH ist in solchen Fällen sehr flexibel und entgegenkommend. Wenn berufsbegleitend Studierende mit einer nachvollziehbaren Begründung kommen, dann ist das nur sehr selten ein Problem. Man sollte das allerdings auch nicht dauernd machen.

Wie würden Sie das Studium an der FHV beschreiben?
Ich kann natürlich nur vom Studium Wirtschaftsingenieurwesen sprechen. Da gibt es die klassischen Lehrveranstaltungen mit Frontalunterricht mit ergänzenden Seminaren. Wie dieser Mix aufgebaut ist, hängt sehr stark vom Fach ab. In den Grundlagenfächern wie Mathematik oder Physik läuft der Unterricht anders ab, als beispielsweise in Controlling, Rechnungswesen oder Elektrotechnik, wo man auch Laborübungen macht. In der IT ist es wieder anders. Die zwei wesentlichen Voraussetzungen, dass man als berufsbegleitend Studierender zurecht kommt, sind erstens großes Interesse und zweitens die zeitlichen Möglichkeiten. Ein sehr wichtiger Aspekt ist die Selbstorganisation. Die jüngeren Mitstudenten tun sich im Studium etwas leichter, weil sie noch nicht so lange aus dem schulischen Lernen heraußen sind. Für mich war das wirklich eine große Herausforderung, in den ersten drei Monaten drehte sich bei mir alles um Selbstorganisation. Auch Lernen muss man wieder lernen, wenn man die Schulzeit schon länger hinter sich hat. Das Lernen auf die ersten Prüfungen stellt somit eine Herausforderung dar, und natürlich die ersten Seminararbeiten, bei denen man es mit Zitierregeln und solchen Dingen zu tun bekommt. Das sind so die ersten Hürden, die zu bewältigen sind. Ich hatte den Vorteil, dass die Kinder schon erwachsen sind, und ich auch von meiner Partnerin die notwendige Unterstützung bekam. Ich sage immer: Die Partnerin muss so ein Studium nicht unbedingt mögen, aber wenn sie es torpediert, dann ist dies nicht unbedingt förderlich. Ich habe das große Glück, von meiner Frau sehr stark unterstützt zu werden und mich auf sie verlassen zu können. Das ist eine wesentliche Voraussetzung, ebenso wie die Unterstützung des Arbeitgebers, denn wenn dieser das Studium verhindern möchte, dann wird man es schwer haben.

Wie war die Unterstützung Ihres Arbeitgebers beim Bachelorstudium?
Ich kann nicht klagen. Die Vorlesungen fanden natürlich alle in meiner Freizeit statt, aber ich habe das mit meinem damaligen Vorgesetzten, der selber Wirtschaftsingenieur ist, abgesprochen und ihm erklärt, was mich daran motiviert. Das Gespräch verlief sehr unbürokratisch und ohne schriftliche Vereinbarung mit dem Ergebnis, wir probieren es. Das hat wunderbar funktioniert. Als ich den Bachelor hinter mir hatte und mit dem Masterstudium begann, war die Situation eine andere, denn ich wollte das Studium einfach weitermachen.

Was waren Ihre Erwartungen in das Studium?
Abgesehen vom Wunsch, mein Wissen auf den letzten Stand zu bringen, gab es keine ernsthaften Erwartungen. Ich beschäftigte mich natürlich mit dem Lehrveranstaltungsplan und sah mir die Fächer an. Da ich aus dem kaufmännischen Bereich komme, ging ich gerade an die technischen Fächer mit einem gewissen Respekt und sehr, sehr hoher Aufmerksamkeit heran. Es fand eine Einführungsveranstaltung in Viktorsberg statt, bei der es darum ging, sich gegenseitig kennen zu lernen und Teams zu bilden, mit welcher der Start sehr gut gelang. Insgesamt trug diese Veranstaltung sehr stark zum Erfolg des Studiums bei. Alles andere ließ ich einfach auf mich zukommen.

Wurden Ihre Erwartungen erfüllt?
Es gibt natürlich immer wieder einmal die eine oder andere Überraschung. Rückblickend kann ich aber nicht sagen, dass es da irgendetwas gegeben hätte, das nachhaltig irgendwie negativ mitschwingt. Mit manchen Lehrbeauftragten beziehungsweise Fächern kommt man besser zurecht als mit anderen, und wenn man schon etwas im konsolidierten Alter ist, dann hat man auch schon im Berufsleben das eine oder andere erlebt. Manche Themen habe ich einfach weniger emotionsgeladen gesehen als meine jüngeren Kommilitonen und habe mir dadurch etwas leichter getan.

Sie sind auch wissenschaftlicher Mitarbeiter an der FHV. Wann ist das zustande gekommen und wie?
Das war eigentlich ein Zufall. Ich bin Ende 2012 bei Zumtobel ausgestiegen und habe mich dann neu orientiert und überlegt, was ich in Zukunft gerne machen möchte, und habe mich eigentlich schon für die Selbstständigkeit entschieden gehabt. Dann war die Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter ausgeschrieben, die mich inhaltlich sehr interessierte. Ich bewarb mich mit der Einstellung: Schauen wir mal. Es lief alles sehr gut und ließ sich auch mit meiner Selbstständigkeit perfekt vereinbaren. Im Oktober habe ich in dieser Position begonnen und bereue es nicht.

Was genau machen Sie als wissenschaftlicher Mitarbeiter?
Es gibt ein Informatiklabor, bei dem ich mitverantwortlich für den Aufbau und die Pflege bin. Der Zweck dieses Labors ist es, betriebswirtschaftliche Fragestellungen im Bereich Wirtschaftsinformatik anhand von konkreten Systemen zu demonstrieren. Dazu haben wir ganz unterschiedliche Systeme zur Verfügung. In meiner Tätigkeit geht es um die technische Pflege der Serverinfrastruktur, um das Erarbeiten von Beispielen, die dann als Demonstrationsobjekte verwendet werden können, und auch um verschiedene Lehrtätigkeiten in den Seminaren. Die Wirtschaftsinformatik besteht aus Vorlesungen, das sind sozusagen die Theorieblöcke, dann gibt es zusätzliche Vertiefungsseminare mit praktischen Übungen in denen ich unterrichte.
Mir gefällt das sehr gut, ich bin schon seit Jahren in der Erwachsenenbildung tätig, was ich immer schon sehr gerne gemacht habe.

Seit kurzem sind Sie selbstständig mit deinem Büro „Mitanand“. Was machen Sie genau?
Das ist ein ganz klassisches Ein-Personen-Unternehmen (EPU), mit dem ich eine Nische besetzt habe. Ich beschäftige mich als Unternehmensberater mit dem Themenkomplex Governance – Risk – Compliance, also Themenbereichen wie interne Kontrollsysteme, Risikomanagement und IT-Compliance. Was mich dabei auszeichnet ist, ich bin so etwas wie die „Ländle-Lösung“. In diesem Bereich gibt es in Vorarlberg nicht all zu viele Anbieter. Normalerweise ist das ein Kompetenzportfolio, das man bei den big four Wirtschaftsprüfungsgesellschaften findet oder bei größeren Unternehmensberatungsgesellschaften, die sehr spezialisiert sind. Ich bin geografisch auf dem Markt nicht eingeschränkt, denn ich habe beispielsweise auch Kunden aus dem ostösterreichischen Raum oder aus Deutschland. Für die Vorarlberger Unternehmen hat es den großen Vorteil, wenn irgendjemand etwas von mir braucht, dann ist alles recht unkompliziert, weil meine Reisewege sehr kurz sind. Erstberatungen sind bei mir grundsätzlich immer kostenlos. Es geht dabei darum, erst einmal zu besprechen, kann ich überhaupt etwas für das Unternehmen tun. Ich habe in diesem Bereich sehr pragmatische Ansätze und im Wesentlichen werden Individuallösungen gemacht. Ich nehme nicht irgendein Modell, das bei einem anderen Kunden schon funktioniert hat, sondern ich schaue mir wirklich mit dem Unternehmen gemeinsam an, was haben die überhaupt für einen Bedarf und dann wird gemeinsam, deshalb auch mein Firmenname „Mitanand“, daran gearbeitet.
Ich habe mir lange überlegt, wie man das vermitteln kann, was letztendlich in meinen Firmennamen „Mitanand“ mündete, auch wenn es dadurch vielleicht zu einer Verwechslungsgefahr mit anderen Organisationen kommt. Mein Anspruch ist, dass es wirklich gemeinsam mit den Unternehmen gemacht wird, dass man die gegenseitigen Erfahrungen und Kompetenzen zusammenspannt und dann miteinander etwas Gutes daraus macht. Ich bin nicht der Berater, der von oben herab kommt und sagt: „So, und ich zeige euch jetzt wie das geht“, sondern möchte meinen Kunden auf Augenhöhe begegnen und mit ihnen gemeinsam etwas machen, was für das Unternehmen passt.
Konkret unterstütze ich Unternehmen bei der Einführung von Risiko-Management-Systemen oder im Bereich von Berechtigungssystemen, das ist eine Spezialkompetenz von mir, weil ich mich damit auch schon seit vielen Jahren beschäftige.

Hier schwingt sehr viel Begeisterung mit. Ist das Ihr Traumberuf?
Ich habe immer schon sehr gerne mit Menschen zusammengearbeitet und mir ist der Austausch, der sich ganz zwangsläufig ergibt, wenn man mit Unternehmen zusammenarbeitet, sehr wichtig. Ich bin nicht jemand, der von Job zu Job hüpft, deshalb war ich auch so lange bei Zumtobel, mir ist Stabilität schon auch sehr wichtig. Auf der anderen Seite bin ich ein Mensch, der lieber in Projekten arbeitet, als im immer gleich bleibenden Tagesgeschäft. Natürlich sind sich die Projekte in der Struktur auch oft sehr ähnlich, aber die Personen, mit denen man zu tun hat, ändern sich, die Länder ändern sich und jede Aufgabenstellung ist für sich genommen eine Herausforderung, weil ich mir stets Gedanken darüber mache, was braucht das Unternehmen wirklich im Moment. Da ist sehr viel Nachdenken mit dabei, bei dem man das Unternehmen um 360 Grad umkreist und sich die Frage nach der besten Lösung stellt. Oft entwickelt sich das in der Diskussion, was ich sehr spannend finde. Um die eigene Motivation brauche ich mir da keine Gedanken zu machen, die kommt ganz automatisch, und ich glaube, das ist etwas, was die Kunden auch spüren.

Ist die Selbstständigkeit schon länger ein Wunsch von Ihnen?
Diese Frage hat sich für mich nie so wirklich gestellt, weil ich in meiner Position bei Zumtobel sehr stark aufgegangen bin. Meine nebenberufliche Vortragstätigkeit sah ich immer als sehr wertvolle Ergänzung, die mich befruchtet. Ich wollte mich nie auf Teufel komm raus selbstständig machen. Bei mir war die Situation eher umgekehrt, als der Ausstieg bei Zumtobel erfolgte, dass die Überlegung naheliegend war, die Dinge, die ich gerne tue und bei denen ich auch der Überzeugung bin, sie gut zu machen, selbstständig zu machen.
Das ist jetzt noch nicht so lange her, denn ich habe im Oktober mit „Mitanand“ begonnen. Man stellt sich aber relativ schnell die Frage, warum man es nicht schon viel früher gemacht hat. Mit Unsicherheiten muss man leben können, man hat entweder zu viel oder zu wenig Arbeit. Auf der Ebene der Rahmenbedingungen habe ich aber durchaus ein paar Vorteile. Meine Kinder sind erwachsen, mein Haus ist bezahlt, das sind alles Punkte, die einen Vorarlberger sonst eher etwas beunruhigen, wie er beispielsweise das Geld für die Rückzahlung oder die Miete zusammen bekommt. Das ist bei mir alles ein wenig entspannter.

Mit „Mitanand“ sind Sie Unternehmensberater. Welche Kunden sprechen Sie an und worin beraten Sie sie?
Risikomanagement und interne Kontrollsysteme werden bei Banken und Versicherungen etwas anders gesehen, was nicht mein Kompetenzfeld ist. Meine Kunden sind also alles, außer Banken und Versicherungen. Ich bin mir einigermaßen sicher, dass ich auch bei Banken und Versicherungen einige Nischen abdecken könnte, aber nicht in dem Ausmaß, dass ich mir zutrauen würde, für irgendeine Bank ein Risikomanagementsystem zu beurteilen. Die sind Risiken ausgesetzt, für die ich einfach zu wenig Praxiserfahrung mitbringe. Industrie und Handel sind die Unternehmen meiner Zielgruppe. Es gibt da natürlich Ausnahmen, denn ich bin Fachspezialist für SAP, und da ist es wiederum egal, um was für ein Unternehmen es sich handelt.

Inwiefern hilft Ihnen Ihre bisherige Berufserfahrung im Studium?
Es gibt natürlich Themenblöcke, bei denen das hilft. In der internen Revision ist man eine Schnittstelle zwischen Technik, Organisation und kaufmännischen Bereichen. Man bekommt da recht viel mit und tut sich damit in den Querschnittbereichen der Lehrveranstaltungen leichter. Wenn man, so wie ich, im konsolidierten Alter ist, bringt man einfach schon viel Berufserfahrung mit, kann mit Stress und Belastung umgehen, sieht manches vielleicht ein bisschen weniger emotional – Lebenserfahrung hilft.
Von manchen Lehrveranstaltungen hätte ich mich befreien lassen können, weil die Lehrbeauftragten der Ansicht waren, ich würde schon so viel Berufserfahrung mitbringen. Ich habe mir aber bewusst nichts anrechnen lassen, weil ich ja schließlich von Grund auf alles neu lernen wollte und das hätte sich dann etwas widersprochen.

Und umgekehrt, sind die Inhalte des Studiums nützlich für Ihre Tätigkeit bei „Mitanand“?
Ja, auf jeden Fall. Ich behaupte auch, dass Zumtobel als Arbeitgeber vom ersten Vorlesungstag an nur profitiert hat, weil es da einen spontanen, wie auch stetigen Rückfluss gibt. Das ist einer der großen Vorteile des berufsbegleitenden Studiums. Was am Freitag und Samstag in den Vorlesungen behandelt wurde, konnte am Montag gleich praktisch ausprobiert werden.

Wie ist es für Sie zeitlich mit Studium und Beruf?
Im Moment bin ich in drei Aktivitäten aktiv: Ich muss noch fertig studieren, ich habe meine Teilzeitstelle an der FHV und dann noch meine selbstständige Tätigkeit. Zum Teil ist das ein erheblicher Koordinationsaufwand – so etwas wie Freizeit kenne ich eigentlich nicht.
Die Zeit, die man ins Studium investiert, die muss irgendwo her kommen, sie muss irgendwo abgezweigt werden, das muss einem klar sein. Wenn das jemand machen möchte, der bei der Feuerwehr, der Rettung und der lokalen Musikkapelle dabei ist, dann wird es wahrscheinlich schwierig werden. Es trifft auch den Arbeitgeber, selbst wenn man nicht unbedingt die Stundenanzahl reduziert, auch wenn es vielleicht hilfreich wäre, dass man während des Studiums das Pensum beispielsweise auf 80 Prozent reduziert. Familie, Freunde und Freizeitaktivitäten werden eingeschränkt, das muss einfach klar sein. Es ist zwar nicht so, dass man am Ende des Studiums ohne Freunde dasteht, aber man macht sich schon rar, das geht gar nicht anders. Ein gängiger Durchschnitt ist, dass man quer über das Semester etwa 20 Stunden pro Woche zusätzlich leisten muss.

Was ist angenehmer, studieren als Angestellter oder als Selbstständiger?
Bezüglich der zeitlichen Koordination ist studieren als Selbstständiger vielleicht ein bisschen angenehmer. Ich muss das Studium nur mit mir koordinieren und es nicht mit einem Arbeitgeber abstimmen. Was die zeitliche Belastung angeht, macht es überhaupt keinen Unterschied. Wenn ich einen kooperativen Arbeitgeber habe, dem auch klar ist, was das bedeutet, dass es ein Abenteuer ist, auf das man sich da einlässt und dass man manchmal auch mit einer Schramme herauskommt, dann geht beides. Tendenziell würde ich aber sagen, dass es als Selbstständiger leichter ist. Der Idealfall wäre, wenn man die Arbeitszeit, zumindest während des Studiums, auf 80 Prozent reduzieren könnte.

Sie sind nicht unbedingt der typische Student – wie war das für Sie?
Ich fand den Austausch mit der jüngeren Generation immer sehr befruchtend. Mir hat es geholfen, dass ich als Student relativ erfolgreich war und damit auch einen gewissen Ruf genoss. Im Masterstudium haben wir sehr viele Gruppenarbeiten, ich würde sagen zwei Drittel sind Gruppenaktivitäten, und ich finde es sehr spannend. Man muss sich darauf einlassen, dass die jüngere Generation andere Schwerpunkte hat, das hatten wir in diesem Alter auch, es braucht eine gewissen Großzügigkeit auf allen Seiten, aber das ist in einem Team immer so. In so einer gemischten Gruppe hinsichtlich Alter und Berufserfahrung können wirklich alle nur profitieren, sofern man es offen genug angeht. Es war jedenfalls nie ein Problem.
Mit Ihrer Bachelor Arbeit waren Sie Jahrgangsbester, worum ging es darin?
Bachelor-Arbeiten werden üblicherweise für ein Unternehmen geschrieben. Bei Zumtobel gab es damals gerade den Themenbereich Überarbeitung des SAP-Berechtigungskonzeptes, welches ich als Bachelor-Arbeit umsetzen durfte. In diesem Bereich hatte ich schon vorher Erfahrung, musste mich aber trotzdem komplett in den theoretischen Unterbau einarbeiten, um dann ein Konzept zu erstellen, spezifisch auf die Situation in diesem Unternehmen zugeschnitten. Dabei ist etwas, aus meiner Sicht sehr Gutes, herausgekommen.

Gibt es schon Pläne für Ihre Masterarbeit?
Die Masterarbeit findet im vierten Semester statt, ich bin jetzt im dritten und beschäftige mich momentan mit der Themenverfeinerung. Im Wesentlichen wird es um die Einsatzmöglichkeiten von webbasierten Businessplattformen in der Wirtschaftsinformatiklehre gehen.

Heute dürfen Sie die FH benoten. Wie fällt diese Beurteilung aus?
Ich denke, das hängt im Wesentlichen von der Blickrichtung ab. Wofür Studierende immer relativ schnell bei der Hand sind, ist bei allgemeinen Benotungen von Studiengängen, speziell derer, in dem sie sich selber befinden. Ich behaupte, dass man eine wirkliche Benotung erst dann abgeben kann, wenn man ein bis zwei Jahre aus dem Studium heraußen ist. Nachdem das bei mir noch nicht der Fall ist, möchte ich damit noch warten. Es ist einfach so, dass man viele Dinge erst dann schätzen lernt, wenn man zum ersten Mal darüber stolpert. Ich hatte dieses Problem nie, aber es gab Beispiele von Leuten, die sich irrsinnig emotional über eine Lehrveranstaltung echauffiert haben, sie würden dieses Thema nie im Leben brauchen, die jetzt aber genau in dieser Branche tätig sind.

Was würden Sie jungen Leuten oder auch älteren Interessenten an einem Studium al der FHV empfehlen?
Sobald es sich um berufsbegleitend Studierende handelt, empfehle ich, sich Gedanken darüber zu machen, wo die nötige Zeit dafür herkommen soll und nur solche Sachen zu studieren, die einen wirklich interessieren, und zwar durchaus nach der 80/20-Regel. Es sollten 80 Prozent dabei sein, die einen wirklich interessieren. An so ein Studium sollte man mit Neugier herangehen und sich nicht bei jeder Lehrveranstaltung fragen: „So, und was nützt mich das jetzt?“ Das ist zwar sehr wichtig, aber es sollte nicht die einzige Motivation sein. Es sollte um Wissen und Bildung gehen. Wenn es nur um einen Schein geht, mit dem einem dann gewisse Karrierepfade offenstehen, glaube ich ehrlich gesagt nicht, dass das lange gut geht. Gerade wenn man berufsbegleitend auf einen Bachelor studiert, können das sechs unheimlich lange Semester sein. Das Wesentliche sollte das Wissen sein, es geht nie um Scheine und um Titel.

Factbox:
•    1994: Leiter Konzernrevision der Zumtobel AG
•    2009: Studiumsbeginn Bachelor Wirtschaftsingenieurwesen FH Vorarlberg
•    2012: Studiumsbeginn Master Business Process Management FH Vorarlberg
•    2013: Gründung Beratungsunternehmen MITANAND Consulting, gleichzeitig Teilzeitstelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der FH Vorarlberg
•    Jahrgang 1960, verheiratet, zwei erwachsene Kinder

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MITANAND Consulting Grabher e.U.

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