Industriekonjunktur: Leichter Rückgang auf stabilem Niveau trotz Unsicherheiten

Industriekonjunktur: Leichter Rückgang auf stabilem Niveau trotz Unsicherheiten
Präsident Martin Ohneberg

Lustenau (A) Die aktuelle Konjunkturumfrage der Industriellenvereinigung (IV) Vorarlberg und der Sparte Industrie der Wirtschaftskammer Vorarlberg (WKV) bestätigt die Robustheit der Industriebetriebe, es gibt allerdings auch Anzeichen für gedämpfte Erwartungen, nicht zuletzt durch Unsicherheiten auf globaler und nationaler Ebene. „Was uns nun helfen würde, sind spürbare Wachstumsimpulse, die neues Vertrauen für Investitionen schaffen“, so Präsident Martin Ohneberg.

50 Vorarlberger Unternehmen mit insgesamt knapp 24.000 Beschäftigten – und damit so viele Unternehmen wie noch nie – haben an der aktuellen Konjunkturumfrage für das zweite Quartal 2016 teilgenommen und unterstreichen die Aussagekraft zur Lage in den Industriebetrieben.

Rückgang auf stabilem Niveau trotz Unsicherheiten
Der Geschäftsklimaindex, der Mittelwert aus den Beurteilungen der aktuellen Geschäftslage und jener in sechs Monaten, sank von guten plus 38,5 Punkten auf plus 25,6 und damit auf den niedrigsten Wert seit eineinhalb Jahren. „Damit bewegen wir uns zurück auf das durchschnittlich-stabile Niveau der letzten fünf Jahre (plus 24,5) und kommen – von Ausreißern abgesehen – noch nicht richtig vom Fleck nach oben“, so der Präsident. Dass ein besseres Geschäftsklima möglich ist, das belegten positive Spitzen des Geschäftsklimaindex nach der Krise 2008 immer wieder. „Die Analyse der Rückmeldungen der Unternehmen über die letzten acht Jahre zeigt, dass die Industrie der Garant für Wachstum im Land ist. Seit Mitte 2009 ist der Trend klar positiv, Abschwächungen konnten durch neue Märkte und Produktivitätssteigerungen rasch ausgeglichen werden. Die etwas gedämpfte Erwartungshaltung bei Beschäftigtenstand, Geschäftslage und Ertragssituation, die in der aktuellen Umfrage zum Ausdruck kommt, ist aber ernst zu nehmen. Angesichts der Unsicherheiten auf den globalen Märkten – Stichworte Brexit, ungelöste Kriegssituationen im Nahen und Mittleren Osten, Flüchtlingskrise, Terrorgefahr in der Türkei und in Europa, ungelöste Situation in Griechenland sowie Russlandsanktionen – ist das auch nicht überraschend“, so Ohneberg.

Freier Handel erfordert Handelsabkommen
Trotz der globalen Unsicherheiten sind die Auslandsaufträge nach wie vor sehr positiv zu beurteilen. 56 Prozent der befragten Unternehmen bewerten die aktuelle Situation als gut, nur 2 Prozent als schlecht. Damit steigt der Saldo von plus 37 auf plus 54. Heimische Produkte sind weltweit gefragt: 58 Prozent aller in Vorarlberg hergestellten Waren und Dienstleistungen werden ins Ausland abgesetzt. „Der freie Handel trägt damit ganz entscheidend zum Wohlstand des Landes bei, denn der nationale Markt ist längst zu klein geworden. Unter diesem Gesichtspunkt ist auch die Ablehnung von CETA durch vom Populismus getriebene Politiker und NGO’s nicht zu verstehen, immerhin ist der Vertragstext bekannt und von vielen Experten als gutes und faires Abkommen zweier gleichberechtigter Partner eingestuft worden“, so Ohneberg. Ähnliches gelte für TTIP, wo seiner Meinung nach keine ehrliche Diskussion geführt werde.

Volatile Märkte erfordern Flexibilität
Eine Sonderauswertung bei den Auslandsaufträgen über die letzten 8 Jahre verdeutlicht die beachtlichen Schwankungen vom einen Quartal ins nächste, die sich entweder mit Über- oder Unterkapazitäten auf die Unternehmen auswirken und hohe Kosten verursachen. „Die globalen Hochs und Tiefs der Konjunktur können wir nur schwer beeinflussen, wir können uns aber mit höherer Flexibilität besser darauf einstellen. Eine Flexibilisierung auf allen Ebenen ist daher das Gebot der Stunde, um sich besser auf die Auftragsschwankungen einstellen zu können“, unterstreicht Ohneberg die Notwendigkeit für Änderungen im Arbeitsrecht, das Unternehmen und ihren Mitarbeitern flexiblere Modelle zur beidseitigen Verbesserung erlauben sollte.

Harter Preiskampf erfordert höhere Produktivität
Verhalten positiv stimmen die Entwicklungen bei den Verkaufspreisen, also die Frage, ob die Unternehmen gestiegene Kosten auch an den Kunden weitergeben können. Der Saldo zwischen positiver und negativer Einschätzung der zukünftigen Verkaufspreise steht bei minus 8 Prozentpunkte und damit zwar besser als im vorherigen Quartal (minus 32), jedoch noch immer negativ. Auffallend auch hier die hohen Schwankungen, die ein Rückblick über die letzten Jahre ergibt. Einen minimal positiven Saldo der Verkaufspreise gab es zuletzt vor knapp vier Jahren. „Der harte Preiskampf offenbart einmal mehr die Notwendigkeit, am Standort Vorarlberg mit bestehenden Mitteln produktiver zu werden, um mit Billiglohnländern auch weiterhin konkurrieren zu können. Wir brauchen einen positiven gesamtgesellschaftlichen Zugang zur zunehmenden Automatisierung und Digitalisierung. Ja, es werden einige Jobs wegfallen, aber es werden neue, hochwertige, die auch besser bezahlt werden können, entstehen. Ein hohes Bildungsniveau bei allen sozialen Schichten wird für den Standort ein noch bedeutender Faktor werden“, ist sich Martin Ohneberg sicher. „Forderungen nach einer 35h-Woche bei vollem Lohnausgleich und einer zusätzlichen Woche Urlaub sind angesichts des hohen Preisdrucks reine Utopie“.

Investitionsfreibetrag oder Investitionsprämie statt Maschinensteuer
Die zunehmende Automatisierung als Erfolgsmodell gegen Billiglohnländer und der harte Preisdruck sind für Präsident Martin Ohneberg auch Grund genug, eine unlängst wieder aufs innenpolitische Tapet gebrachte Maschinensteuer abzulehnen. „35h-Woche und Maschinensteuer gibt es beides in Frankreich und der dortigen Wirtschaft droht ein Kollaps. Wir sollten daher nicht schlechte Ideen, die aus dem letzten Jahrhundert stammen, kopieren, sondern gute umsetzen“, so Ohneberg. Eine gute Idee wäre für Ohneberg ein Investitionsfreibetrag oder eine Investitionsprämie. Auf zwei Jahre befristet, sollen sie bisher zurückgehaltene Investitionen fördern. „Der Investitionsfreibetrag oder die Investitionsprämie soll auf inländische Investitionen wie Maschinen, maschinelle Anlagen, Werkzeuge, Betriebs- und Geschäftsausstattung sowie die Errichtung und den Umbau von Betriebsgebäuden angewendet werden. Dadurch erhoffen wir uns neue, wichtige Impulse“, so Ohneberg.

Die Branchenergebnisse im Detail

„Die Maschinen- und Metallindustrie, traditionell konjunktureller Vorreiter und Treiber, ist geprägt von einer derzeit guten Geschäftslage (Saldo bei plus 79), von einem guten Auftragsbestand (Saldo bei plus 86) und guten Auslandsaufträgen (Saldo bei plus 85)“, so Mathias Burtscher, Geschäftsführer der Industriellenvereinigung Vorarlberg. Verhaltener zur letzten Umfrage wird der Beschäftigtenstand in 3 Monaten (Saldo bei plus 11) und die derzeitige Ertragssituation eingeschätzt (Saldo bei plus 18). Die Einschätzung zur Geschäftslage in 6 Monaten bleibt für 98 Prozent gleichbleibend, nur 2 Prozent sehen eine Verschlechterung.

Stabil mit nur wenigen Ausreißern nach oben zeigt sich die Nahrungs- und Genussmittelindustrie, wo 85 Prozent aller befragten Unternehmen eine gleichbleibende Situation bei der derzeitigen Geschäftslage angeben. Bei der Einschätzung der Geschäftslage in sechs Monaten erwarten alle befragten Unternehmen keine Veränderung im Guten wie im Schlechten (bei der letzten Befragung war es noch ein Saldo von plus 34). Positive Signale kommen von der derzeitigen Ertragssituation, wo der Saldo zwischen gut und schlecht bei plus 45 liegt und die Chance für Investitionen geben würde.

„Die Textilindustrie weist in diesem Quartal leicht negative Tendenzen auf, zeigt sich aber insgesamt auf stabilem Niveau“, so Michael Amann, Geschäftsführer der Sparte Industrie in der Wirtschaftskammer Vorarlberg. So stieg zwar der Saldo der Einschätzung zur derzeitigen Geschäftslage von minus drei auf minus zehn, die Geschäftslage in sechs Monaten (plus drei) sowie die Ertragssituation in sechs Monaten (plus sieben) würden aber vorsichtig optimistisch stimmen, so Amann.

Positive Signale gibt es von der Elektro- und Elektronikindustrie, wo sich die Salden der Einschätzungen zur derzeitigen Geschäftslage (plus 40), Auftragsbestand (plus 43) und Auslandsaufträge (plus 42) stabil auf hohem Niveau halten. Einzig bei den Verkaufspreisen in drei Monaten zeigt sich mit minus 13 ein negativer Trend, der sich auch auf die gleichbleibende Einschätzung der Geschäftslage und Ertragssituation in sechs Monaten auszuwirken scheint. Sehr erfreulich, 43 Prozent rechnen mit einem steigenden Mitarbeiterstand in 3 Monaten.

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